18.03.2015 10:38
Volles Haus beim Reiter Forum im März in Berlin
Das Reiter Forum als abendliche Reitsport-Lehrveranstaltung gibt es nun bereits über 20 Jahre. Frank Henning und Dr. Uwe Schulten-Baumer hatten die Idee, die bis heute mit über 600.000 Besuchern höchst erfolgreich ist.
Seit 2007 findet diese Veranstaltungsreihe exklusiv für Mercedes-Benz in den jeweiligen Niederlassungen statt, in Berlin in der Mercedes-Welt am Salzufer. "Die Idee, die ich mit dem Reiter Forum vermitteln möchte besteht darin, dass nicht das Pferd die Fehler macht, sondern immer der Reiter. Egal was passiert, das Pferd handelt für sich immer richtig! Das Pferd kann keine Fehler machen, es kann den Mensch nur falsch verstehen! Der Reiter, der immer auf sein Pferd schimpft und ihm die Schuld gibt, wenn etwas misslingt, hat schon verloren bevor er auf sein Pferd steigt. Wir, die Reiter, sollten die Intelligenteren sein und Probleme gar nicht erst entstehen lassen! Zeigt unser Pferd ein Problem auf müssen wir nach der Ursache suchen, nur so können wir es beheben. Aus diesem Grunde versuchen wir Reiter und Pferdebesitzer zu informieren, umzudenken, das Pferd als Wesen anzuerkennen, verstehen und akzeptieren zu lernen, damit Probleme gar nicht erst auftreten. Pferde sind nicht zum Reiten geboren. Sie lassen es aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit zu. Ein Pferd reagiert auf alle äußeren Einflüsse seiner Natur entsprechend. Sämtliche unerwünschte Verhaltensweisen sind Ergebnis für unsachgemäßen Umgang, Haltung und Einsatz. Die Referenten des Reiter Forums und ich sind bemüht, sowohl für die Berufsbereiter als auch für die Amateur- Hobby- und Turnierreiter mehr Wissen zum Partner Pferd zu vermitteln. Dieses Wissen ist die Basis im täglichen Umgang mit den Pferden. Der zweite besonders wichtige Punkt – welcher leider immer mehr in den Hintergrund gerät -ist die Bedeutung des Wortes "Horsemanship". Das Wissen dieser Horseman darf nicht verloren gehen, sondern muss an die Reiter weitergegeben werden." Das ist der Grundsatz von Henning, der ihn immer wieder antreibt.
Über 50 Referenten unterstützen Frank Henning mittlerweile, und es kommen regelmäßig neue dazu. Wie seit 2014 Uta Gräf, die sympathische Dressurreiterin, die im März erstmals mit dem Flieger nach Berlin kam, um ihren Vortrag "Feines Reiten auf motivierten Pferden" vor 1300 Besuchern zu halten. Piet Raijmakers referierte über "Problemlösungen bei Springpferden". Der langjährige Freund Hennings nahm dafür einen weiten Weg in Kauf, denn er kam direkt von einem Turnier im spanischen Malaga.
Und Raijmakers legte gleich nach der Begrüßung durch die Gastgeber des Abends los. Piet Raijmakers wurde 1956 als sechstes von neun Kindern geboren. Schon als kleiner Junge interessierte er sich für Pferde. Seine Eltern hatten einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb. In seiner Kindheit ritt er zunächst ohne Sattel auf den Arbeitspferden der Eltern, später bekam er die Möglichkeit, einmal pro Woche Reitstunden zu nehmen. Mit 15 Jahren wurde er Meister der Region Brabant. Er lernte beim örtlichen Hufschmied, der zugleich Pferdezüchter war und neben dem Beschlagen von Pferden trainierte er auch andere Reiter. Und er fand Sponsoren, wie Jo van Schijndel. Im Jahr 1991 zog er mit seiner Familie nach Belgien auf das Gestüt Zangersheide von Leon Melchior um, der ihn als Bereiter engagierte. In diesem Jahr gewann er mit Ratina Z als Teil der niederländischen Mannschaft den Nationenpreis von Aachen und den Mannschaftseuropameistertitel in La Baule. Ratina Z wurde nach dem großen Erfolg an Ludger Beerbaum verkauft. Im Jahr 1999 machte er sich selbständig und übernahm auf einstimmigen Familienbeschluss die elterliche Anlage. Diese baute er in Folge um und betreibt seitdem dort einen Zucht-, Turnier- und Handelsstall. Außerdem trainiert er seine Söhne und zahlreiche Reiter in der ganzen Welt. Wie ein Training aussieht, zeigte er anhand eines Videos, das er kommentierte. "Das Pferd muss Vertrauen bekommen und verstehen, was der Reiter will und wissen, was kommt. Reiter müssen fit und konzentriert sein, sich Zeit nehmen und nicht anfangen, mit dem Pferd zu kämpfen. Liebe zum Pferd, der Natur und dem Instinkt zu folgen, machen den Erfolg aus, nicht Kampf und Kraft", so der Grundsatz des sympathischen und erfolgreichen Niederländers.
Nach einer kurzen Pause, in der die beliebten Salzbrezeln verteilt wurden, folgte der lang erwartete Vortrag von Uta Gräf. Ihre Bücher und Seminare haben in den letzten Jahren Furore gemacht – wie kaum eine zweite Persönlichkeit im Dressursport steht Uta Gräf für die Themen artgerechte Pferdehaltung und Reiten mit feinen Hilfen. Weg von Druck und Stress, hin zu Freude und entspanntem, aber effektivem Training bis zum Grand Prix- Niveau. Und der sportliche Erfolg gibt ihr Recht. Seit 2015 ist sie im B-Kader Dressur des DOKR mit Dandelion. Besondere Aufmerksameit erzielten die Auftritte von Gräf mit dem Holsteiner Rapphengst "Le Noir", der seine Rittigkeit in allen Grand Prix-Lektionen auch völlig ohne Gebiss im Maul auf gleich hohem Niveau zu präsentieren vermag.
Das Wichtigste ist für Uta Gräf, auch Sportpferden eine artgerechte Pferdehaltung zu ermöglichen. Kein noch so gutes Training kann dem Pferd Kontakte zu Artgenossen und die freie Bewegung an der frischen Luft ersetzen – absolut notwendige Voraussetzungen für sein Wohlbefinden und seine innere Ausgeglichenheit, die die tägliche Arbeit wesentlich erleichtern. Sie ist fest überzeugt davon, dass man nur mit der Kombination aus vielseitigem Training und naturnaher Pferdehaltung einen „happy athlete“ bekommt.
14 Hektar gut eingezäunte Weideflächen stehen der Herde auf Gut Rothenkircher Hof zur Weidezeit von Frühjahr bis Herbst zur Verfügung. Die Herde ist nachts in einem großen Laufstall mit Futterständen untergebracht, so dass jedes Pferd in Ruhe fressen kann. Oder im Paddockboxenstall in offener Bauweise. Eine Reithalle gibt es nicht, es wird bei Wind und Wetter auf Außenplätzen geritten.
Ebenfalls wichtig ist, dass sich alle Pferde angenehm und gut erzogen im täglichen Umgang zeigen, sei es beim Putzen, Satteln, Verladen oder Beschlagen. Beim Anreiten geht daher intensive und systematische Bodenarbeit voraus, um Vertrauen und Respekt dem Menschen gegenüber zu etablieren. Neben der Bodenarbeit stellt der Abwechslungsreichtum im Training eine weitere Säule der Ausbildungsphilosophie dar. Dazu gehören auch Ausflüge in das weitläufige Wald- und Wiesengelände rund um das Gut. Ein Grundprinzipien in der Dressurausbildung ist, dass nur so viel wie nötig und lediglich impulsartig eingewirkt wird, was bestens funktioniert, wenn die Pferde im Kopf mitdenken und aufmerksam bei der Sache bleiben. Kurze Phasen versammelter Arbeit werden mit solchen kombiniert, bei denen sich das Pferd vorwärts- abwärts dehnen und schwungvoll nach vorne laufen darf. "Mir liegt es am Herzen, dass Reiten Spaß macht und zwar nicht nur mir, sondern auch meinen Pferden. Und Spaß macht Reiten eben nur, wenn man die Pferde mit feinsten Hilfen dirigieren kann", erklärt Gräf, die so erfrischend anders mit ihrer peppigen Haarpracht und ihrem dröhnenden Lachen wirkt, die aber ebenso diszipliniert an die Arbeit mit den Pferden heran geht.
"Das Video von Le Noir auf der Koppel und auch alle weiteren waren toll. Wenn deshalb nur ein einziger umdenkt, war es das Ganze schon wert. Danke für den tollen Abend...", dies nur ein Kommentar stellvertretend für viele Besuchermeinungen am Ende des Abends.
Text+Fotos: Marietta Grade
Seit 2007 findet diese Veranstaltungsreihe exklusiv für Mercedes-Benz in den jeweiligen Niederlassungen statt, in Berlin in der Mercedes-Welt am Salzufer. "Die Idee, die ich mit dem Reiter Forum vermitteln möchte besteht darin, dass nicht das Pferd die Fehler macht, sondern immer der Reiter. Egal was passiert, das Pferd handelt für sich immer richtig! Das Pferd kann keine Fehler machen, es kann den Mensch nur falsch verstehen! Der Reiter, der immer auf sein Pferd schimpft und ihm die Schuld gibt, wenn etwas misslingt, hat schon verloren bevor er auf sein Pferd steigt. Wir, die Reiter, sollten die Intelligenteren sein und Probleme gar nicht erst entstehen lassen! Zeigt unser Pferd ein Problem auf müssen wir nach der Ursache suchen, nur so können wir es beheben. Aus diesem Grunde versuchen wir Reiter und Pferdebesitzer zu informieren, umzudenken, das Pferd als Wesen anzuerkennen, verstehen und akzeptieren zu lernen, damit Probleme gar nicht erst auftreten. Pferde sind nicht zum Reiten geboren. Sie lassen es aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit zu. Ein Pferd reagiert auf alle äußeren Einflüsse seiner Natur entsprechend. Sämtliche unerwünschte Verhaltensweisen sind Ergebnis für unsachgemäßen Umgang, Haltung und Einsatz. Die Referenten des Reiter Forums und ich sind bemüht, sowohl für die Berufsbereiter als auch für die Amateur- Hobby- und Turnierreiter mehr Wissen zum Partner Pferd zu vermitteln. Dieses Wissen ist die Basis im täglichen Umgang mit den Pferden. Der zweite besonders wichtige Punkt – welcher leider immer mehr in den Hintergrund gerät -ist die Bedeutung des Wortes "Horsemanship". Das Wissen dieser Horseman darf nicht verloren gehen, sondern muss an die Reiter weitergegeben werden." Das ist der Grundsatz von Henning, der ihn immer wieder antreibt.
Über 50 Referenten unterstützen Frank Henning mittlerweile, und es kommen regelmäßig neue dazu. Wie seit 2014 Uta Gräf, die sympathische Dressurreiterin, die im März erstmals mit dem Flieger nach Berlin kam, um ihren Vortrag "Feines Reiten auf motivierten Pferden" vor 1300 Besuchern zu halten. Piet Raijmakers referierte über "Problemlösungen bei Springpferden". Der langjährige Freund Hennings nahm dafür einen weiten Weg in Kauf, denn er kam direkt von einem Turnier im spanischen Malaga.
Und Raijmakers legte gleich nach der Begrüßung durch die Gastgeber des Abends los. Piet Raijmakers wurde 1956 als sechstes von neun Kindern geboren. Schon als kleiner Junge interessierte er sich für Pferde. Seine Eltern hatten einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb. In seiner Kindheit ritt er zunächst ohne Sattel auf den Arbeitspferden der Eltern, später bekam er die Möglichkeit, einmal pro Woche Reitstunden zu nehmen. Mit 15 Jahren wurde er Meister der Region Brabant. Er lernte beim örtlichen Hufschmied, der zugleich Pferdezüchter war und neben dem Beschlagen von Pferden trainierte er auch andere Reiter. Und er fand Sponsoren, wie Jo van Schijndel. Im Jahr 1991 zog er mit seiner Familie nach Belgien auf das Gestüt Zangersheide von Leon Melchior um, der ihn als Bereiter engagierte. In diesem Jahr gewann er mit Ratina Z als Teil der niederländischen Mannschaft den Nationenpreis von Aachen und den Mannschaftseuropameistertitel in La Baule. Ratina Z wurde nach dem großen Erfolg an Ludger Beerbaum verkauft. Im Jahr 1999 machte er sich selbständig und übernahm auf einstimmigen Familienbeschluss die elterliche Anlage. Diese baute er in Folge um und betreibt seitdem dort einen Zucht-, Turnier- und Handelsstall. Außerdem trainiert er seine Söhne und zahlreiche Reiter in der ganzen Welt. Wie ein Training aussieht, zeigte er anhand eines Videos, das er kommentierte. "Das Pferd muss Vertrauen bekommen und verstehen, was der Reiter will und wissen, was kommt. Reiter müssen fit und konzentriert sein, sich Zeit nehmen und nicht anfangen, mit dem Pferd zu kämpfen. Liebe zum Pferd, der Natur und dem Instinkt zu folgen, machen den Erfolg aus, nicht Kampf und Kraft", so der Grundsatz des sympathischen und erfolgreichen Niederländers.
Nach einer kurzen Pause, in der die beliebten Salzbrezeln verteilt wurden, folgte der lang erwartete Vortrag von Uta Gräf. Ihre Bücher und Seminare haben in den letzten Jahren Furore gemacht – wie kaum eine zweite Persönlichkeit im Dressursport steht Uta Gräf für die Themen artgerechte Pferdehaltung und Reiten mit feinen Hilfen. Weg von Druck und Stress, hin zu Freude und entspanntem, aber effektivem Training bis zum Grand Prix- Niveau. Und der sportliche Erfolg gibt ihr Recht. Seit 2015 ist sie im B-Kader Dressur des DOKR mit Dandelion. Besondere Aufmerksameit erzielten die Auftritte von Gräf mit dem Holsteiner Rapphengst "Le Noir", der seine Rittigkeit in allen Grand Prix-Lektionen auch völlig ohne Gebiss im Maul auf gleich hohem Niveau zu präsentieren vermag.
Das Wichtigste ist für Uta Gräf, auch Sportpferden eine artgerechte Pferdehaltung zu ermöglichen. Kein noch so gutes Training kann dem Pferd Kontakte zu Artgenossen und die freie Bewegung an der frischen Luft ersetzen – absolut notwendige Voraussetzungen für sein Wohlbefinden und seine innere Ausgeglichenheit, die die tägliche Arbeit wesentlich erleichtern. Sie ist fest überzeugt davon, dass man nur mit der Kombination aus vielseitigem Training und naturnaher Pferdehaltung einen „happy athlete“ bekommt.
14 Hektar gut eingezäunte Weideflächen stehen der Herde auf Gut Rothenkircher Hof zur Weidezeit von Frühjahr bis Herbst zur Verfügung. Die Herde ist nachts in einem großen Laufstall mit Futterständen untergebracht, so dass jedes Pferd in Ruhe fressen kann. Oder im Paddockboxenstall in offener Bauweise. Eine Reithalle gibt es nicht, es wird bei Wind und Wetter auf Außenplätzen geritten.
Ebenfalls wichtig ist, dass sich alle Pferde angenehm und gut erzogen im täglichen Umgang zeigen, sei es beim Putzen, Satteln, Verladen oder Beschlagen. Beim Anreiten geht daher intensive und systematische Bodenarbeit voraus, um Vertrauen und Respekt dem Menschen gegenüber zu etablieren. Neben der Bodenarbeit stellt der Abwechslungsreichtum im Training eine weitere Säule der Ausbildungsphilosophie dar. Dazu gehören auch Ausflüge in das weitläufige Wald- und Wiesengelände rund um das Gut. Ein Grundprinzipien in der Dressurausbildung ist, dass nur so viel wie nötig und lediglich impulsartig eingewirkt wird, was bestens funktioniert, wenn die Pferde im Kopf mitdenken und aufmerksam bei der Sache bleiben. Kurze Phasen versammelter Arbeit werden mit solchen kombiniert, bei denen sich das Pferd vorwärts- abwärts dehnen und schwungvoll nach vorne laufen darf. "Mir liegt es am Herzen, dass Reiten Spaß macht und zwar nicht nur mir, sondern auch meinen Pferden. Und Spaß macht Reiten eben nur, wenn man die Pferde mit feinsten Hilfen dirigieren kann", erklärt Gräf, die so erfrischend anders mit ihrer peppigen Haarpracht und ihrem dröhnenden Lachen wirkt, die aber ebenso diszipliniert an die Arbeit mit den Pferden heran geht.
"Das Video von Le Noir auf der Koppel und auch alle weiteren waren toll. Wenn deshalb nur ein einziger umdenkt, war es das Ganze schon wert. Danke für den tollen Abend...", dies nur ein Kommentar stellvertretend für viele Besuchermeinungen am Ende des Abends.
Text+Fotos: Marietta Grade