14.11.2013 23:25

Situation der Pferdesportvereine und -betriebe in Deutschland

Wie gut oder schlecht geht es unseren Reitvereinen und Pferdebetrieben? Auf diese Frage soll alle zwei Jahre der Sportentwicklungsbericht, kurz SEB, Antwort geben. Die umfangreiche Onlinebefragung ist Teil der Initiative „Vorreiter Deutschland“ und wird im Auftrag der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) von der Deutschen Sporthochschule in Köln durchgeführt. Der "Sportentwicklungsbericht Pferdesport" (SEB) stellt die Situation der organisierten Pferdesportvereine und Pferdebetriebe in Deutschland dar. Nach der Ersterhebung in 2009 wurde in 2011 die zweite Befragung durchgeführt. Anfang 2013 ist die dritte Befragungswelle gestartet worden.

Mit 1.641 Online-Interviews in Reitvereinen und 732 in Pferdebetrieben war die Resonanz bei der nach 2009 und 2011 dritten Auflage des Sportentwicklungsberichts besser denn je. Wenngleich sich innerhalb von nur zwei Jahren keine grundlegenden Veränderungen abzeichnen können, so fallen doch Tendenzen auf: Bei der Frage nach den existenziellen Problemen tauchte erstmals sowohl bei Vereinen als auch bei Betrieben die Einführung der Pferdesteuer mit weitem Abstand an erster Stelle auf. Selbst die Diskussion über die Abgabe wird im ganzen Land als problematisch angesehen. Die Pferdesteuer verdrängte bei den befragten Vereinen die Bindung und Gewinnung von ehrenamtlichen Kräften von der Topposition auf den zweiten Platz. Das zweitgrößte existenzielle Problem der Pferdebetriebe ist mangelnde Perspektive für die Geländeerweiterung, wie beispielsweise um Pferdeweiden. Dass die Betriebe dies so hochrangig bewerten, ist neu. Vor zwei Jahren stand für sie die Einführung des Ganztagsschulunterrichts noch an der Spitze der existenziellen Probleme, dies ist nun die Nummer vier. Auffällig: 2011 klagten nur 20 Prozent aller Vereine und Betriebe über existenzielle Probleme; zwei Jahre später geben schon 60 Prozent aus beiden Gruppen an, mindestens ein existenzielles Problem zu haben. Das Problembewusststein hat sich also erhöht.

Interessant sind die Fragen nach der Philosophie des Vereins bzw. des Betriebs. Thomas Ungruhe, Leiter der Abteilung Breitensport, Vereine und Betriebe der FN, sagt: „Vereine und Betriebe lassen erkennen, dass sie vermehrt auf zielgruppenspezifische Angebote setzen müssen und dass sie nicht einfach so weitermachen können wie bislang. Dies ist eine sehr positive Tendenz.“ Beide Gruppen, Vereine wie Betriebe, geben als die vier wichtigsten Eckpfeiler ihrer Philosophie – allerdings in unterschiedlicher Reihenfolge – an:

- neue Mitglieder/Kunden gewinnen
- Werte wie Fair Play und Toleranz vermitteln
- auf Qualität des Sport- und Ausbildungsangebots achten
- Trainer/Ausbilder qualifizieren

„Nichts ist in unseren Vereinen und Betrieben schlechter geworden.“ Auch diese Aussage Thomas Ungruhes belegt der aktuelle SEB. Sowohl die Zahl der Lehrpferde als auch die der Reitstunden und Reitlehrer entspricht im Großen und Ganzen der Erhebung von 2011. Danach halten 52 Prozent aller Vereine im Durchschnitt acht Schulpferde/-ponys. Mehr Schulpferde setzen Betriebe ein: 67 Prozent verfügen über durchschnittlich elf Pferde/Ponys. Hochgerechnet ergibt sich in Deutschland eine Schulpferdepopulation von 62.500.

In vielen Vereinen und Betrieben existiert eine Warteliste für Reitangebote an Kinder unter 14 Jahre. Allerdings haben sich diese Wartezeiten verkürzt, so dauert es in Vereinen nur 3,1 Monate, in Betrieben sogar nur 1,8 Monate, bis ein Platz in einer Reit- oder Voltgiergruppe frei wird.

Der Schwerpunkt der Unterrichtserteilung liegt sowohl bei Vereinen als auch bei Betrieben im Dressur- und Springreiten sowie in der Ausbildung an der Longe. Kleiner Wermutstropfen: Im Vergleich zu 2011 boten weniger Vereine geführte Ausritte in die Natur an, während bei den Betrieben die Zahlen identisch sind. Dafür verzeichnen die Vereinen ein leichtes Plus zu 2011 bei der Abnahme von Leistungsabzeichen und bei Angeboten im Therapeutischen Reiten.

Die Mitgliedsbeiträge in den Reitvereinen belaufen sich auf durchschnittlich 65 Euro für Erwachsene, 42 Euro für Jugendliche und 40 Euro für Kinder. Knapp 63 Prozent der Vereinen gewähren Rabatte für Familienmitglieder und Senioren. Auch die Preise für Reitstunden ermittelte der SEB: Danach nehmen Reitvereine im Schnitt für eine Reitstunde 12 Euro (Kinder), 13 Euro (Jugendliche) und 15 Euro (Erwachsene). Im Pferdebetrieb ist es etwas teurer: Hier zahlen Kinder 15 Euro, Jugendliche 16 Euro und Erwachsene 19 Euro für eine Reitstunde.

Keine Veränderungen ergeben sich bei Kooperationen zwischen Vereinen/Betrieben und Kindergärten/Schulen. Der SEB ermittelte, dass rund 22 Prozent aller Vereine mit Grundschulen oder weiterführenden Schulen und 15,8 Prozent mit Kindergärten/Kindertagesstätten kooperieren. Dies sind weitgehend Vereine, die über Schulpferde verfügen. Bei den Pferdebetrieben ist das Engagement in der Zusammenarbeit mit Kindergärten und Kindertagesstätten etwas größer: 20,6 Prozent. 21 Prozent aller Betriebe kooperieren mit Schulen.

Interessant sind die Antworten auf die Frage, warum keine Kooperationen zustande kommen: Während 35,3 Prozent der Vereine angeben, nicht genügend Ausbilder bzw. Übungsleiter zu haben, ist dies bei nur 15,4 Prozent aller Betriebe der Grund. Ein Viertel der befragten Betriebe gibt an, dass sie andere Zielgruppen und entsprechend eine andere Kundenstruktur haben, die gegen eine Kooperation mit Schulen spreche. Vereine kreuzen dies nur zu 15 Prozent an.

Viele Vereine und Betriebe haben laut SEB erheblichen Sanierungsbedarf. 52 Prozent aller Vereine, die eine eigene Reitanlage unterhalten, müssten renovieren. Betriebe geben zu 34 Prozent ihre Sanierungsbedürftigkeit an. Aber es ist auch viel passiert. So haben Vereine innerhalb der vergangenen beiden Jahre im Schnitt für 62.000 Euro renoviert, Betriebe sogar für 160.000. Hinzu kommen geplante Modernisierungen in 2014/2015 in einer Größenordnung von 30.000 Euro (Vereine) und 122.000 (Betriebe).
Text: fn-press