23.11.2010 23:18

Ministerpräsident Matthias Platzeck zu Besuch in Neustadt/Dosse

Ministerprädsident Matthias Platzeck machte am 18.11. einer Rundreise durch den Landkreis Ostprignitz Ruppin. In Neustadt/Dosse besuchte er das neue Wohnheim - die ehemalige Spiegelberger Mühle. Hier wohnen knapp 80 Schülerinnen und Schüler, die in der Spezialklasse Reiten der Prinz-von-Homburg-Schule in Neustadt/Dosse unterrichtet werden. Im vorigen Schuljahr wurde im Projekt „Reiten in der Schule“ die erste siebte Klasse nur mit Reitschülern eingeschult. Hier können die Schüler aus ganz Europa im gymnasialen Oberstufenteil ihr Abitur erlangen – und werden während der sieben Schuljahre besonders im Reiten gefördert. Ein Projekt, das einzigartig in Deutschland ist. Davon konnte sich auch der brandenburgische Ministerpräsident überzeugen. In der Reithalle auf dem Haupt- und Landgestüt erfuhr Platzeck von den meist weiblichen Reitschülerinnen, dass Reiten kein elitärer Sport ist, sondern einen sehr großen sozialen Faktor enthält. Junge  Menschen lernen schon frühzeitig Verantwortung für ihren Partner Pferd zu übernehmen. Sie richten alles nach dem Pferd, für das sie sich verantwortlich fühlen, aus - auch die Discogänge, wie Platzeck humorvoll bemerkte. Dem Ministerpräsidenten wurde deutlich, dass das Projekt „Reiten in der Schule“ nur zusammen mit dem Kooperationspartner Haupt- und Landgestüt Neustadt/Dosse funktionieren kann. Gegenüber Antenne Brandenburg bekräftigte Platzeck in diesem Zusammenhang, dass das Gestüt ein Aushängeschild nicht nur in Brandenburg, sondern in ganz Deutschland ist. „Darum werden wir die Stiftung auch weiterhin unterstützen“, so die abschließende Nachricht von Platzeck bei seinem Besuch in Neustadt/Dosse.
Leider blieben Fragen zum Thema Lindenau-Halle in Neustadt wieder unbeantwortet. Einen Fehlbetrag von gut 33 000 Euro hat die Neustädter Graf-von-Lindenau-Halle bzw. deren Betreibergesellschaft, die Reit- und Veranstaltungszentrum GmbH, im vergangenen Jahr erwirtschaftet. Das geht aus dem Jahresabschluss hervor, den das Berliner Steuerbüro SBS am Donnerstag den Neustädter Stadtverordneten vorlegte. Damit summieren sich nach Aussage von SBS-Vertreter Frank Liedke die Verluste der GmbH auf aktuell rund 57 000 Euro. „Sie können erwarten, dass die Verluste 2010 noch einmal um 50 000 Euro ansteigen.“ Das sei auch kein Wunder, wenn man keine neuen Veranstaltungen mehr akquiriere. Das wiederum liegt nach Aussage von Amtsdirektor Ulrich Gerber zum einen an der wirtschaftlichen Entwicklung insgesamt: Großveranstaltungen fänden immer weniger Publikum. Zum anderen habe in den vergangenen Jahren auch ein professionelles Veranstaltungsmanagement gefehlt – „weil Neustadt es sich schlicht nicht leisten konnte“. Gleichzeitig verursache der Betrieb der Halle aber feste Kosten von jährlich 80 000 bis 100 000 Euro. Stellvertretend für die offensichtliche Mehrheit der Stadtverordneten zeigte sich Karl Tedsen (CDU) von den jüngsten Zahlen wenig überrascht. Schließlich sei die Stadtverordnetenversammlung ständig auf dem Laufenden geblieben, „seit wir diese Halle guten Glaubens aufgrund von Zusagen und Versprechungen gebaut haben“. Für „wirklich erschreckend“ hält Tedsen hingegen die jüngste Reaktion von Ministerpräsident Matthias Platzeck. Bei seinem Besuch hatten die Neustädter zum wiederholten Male versucht, ihn auf das Thema Lindenau-Halle anzusprechen. Platzeck hatte sich wieder einmal jeden Kommentars enthalten und darauf verwiesen, dass er mit dem Landwirtschaftsministerium Rücksprache halten müsse. „Die Sache scheint auch nach über zehn Jahren noch nicht den Weg durch die Bürokratie gefunden zu haben“, schlussfolgerte Karl Tedsen. Neustadt fordert seit langem vergeblich, dass die einst vom Gestüt als unverzichtbar eingestufte Halle nun auch vom Gestüt bewirtschaftet werden sollte.
Unter Ausschluss der Öffentlichkeit verständigten sich die Stadtverordneten am Donnerstag über ein Art Notbremse, damit der Stadthaushalt nicht noch schneller und tiefer in die roten Zahlen gerissen wird. Die Amtsverwaltung soll ein Konzept erarbeiten, wie die Graf-von-Lindenau-Halle sozusagen einzumotten wäre. Auf diese Weise, so die Hoffnung, ließen sich die jetzt für die Kommune nicht mehr tragbaren Betriebskosten vielleicht auf Ausgaben für den Erhalt der Bausubstanz reduzieren. Das hätte auf jeden Fall die Schließung der Halle zur Folge.
Text: Christine Hormann, Alexander Beckmann  Foto: Christine Hormann, Marietta Grade