11.10.2015 20:32
Gedenkjagd an den Mauerfall in Berlin-Tegel
Schon der leidenschaftliche Jäger Kurfürst Joachim II hielt sich gern in den Berliner Wäldern in Tegel und Heiligensee zur Jagd auf. Wahrscheinlich hatte er um 1558 das Forstrevier Tegel aus dem Heiligenseer Forst ausgegliedert und das Jagdschloß Tegel erbauen lassen, das später in den Besitz der Familie von Humboldt kam.
Große Tradition hatten auch die Herbstjagden im Reiterverein Berlin (RVB) am Schloss Tegel bis zur Wiedervereinigung. In der Gedenkbroschüre von 1978 heißt es: "1977 war das Feld schon so groß, dass der Fuchs schon zur Strecke gebracht war, ehe der letzte Reiter das Jagdgelände überhaupt erreicht hatte..." Alliierte Offiziere aus West-Berlin und Teilnehmer aus dem ehemaligen Westdeutschland, die lange Anreisewege hatten, nahmen regelmäßig Teil. Der Grenzstreifen war nur drei Kilometer entfernt, aber unüberwindlich, und stellte auch für die Pferdesportler eine unerfreuliche Begrenzung der Freiheit dar.
Seit 25 Jahren gibt es Mauer und Todesstreifen nicht mehr, aber kein Reiter kam auf die Idee, wieder eine Jagd zu veranstalten. Aber dann kam Andreas Frädrich....
Fast ein Jahr ist es nun bereits her, dass Andreas Frädrich Teile der ehemaligen Reitanlage Tegel am Schloss als Pächter übernommen und, nach längerer Pause, wieder zum Leben erweckt hat. Allerdings nicht als Pensions- und Schulbetrieb, sondern als Privatstall für die eigenen Pferde und für die Umsetzung vielfältiger Ideen rund um das Grundthema Pferd und historische Zusammenhänge. So wurde 2015 der ehemalige Springplatz wieder rekonstruiert und zu einem Sprunggarten umgestaltet. Die Idee, einen Sprunggarten mit Cafe zu betreiben, basiert auf den historischen Reiseberichten Alexander von Humboldts. Im Sommer wurde mit Kaltblütern ein Schaupflügen für die Gäste des Cafes veranstaltet. Ende August folgte die feierliche Einweihung einer traditionellen Pferdeschwemme neben der Reithalle. Und am 30.September, anlässlich des Mauerfalls vor 25 Jahren, veranstaltete der Reitstall am Schloss Tegel die erste Schleppjagd im Norden Berlins seit der Wiedervereinigung. Reitsportlich, historisch und kulturell ein besonderes Ereignis, zu dem eine 36seitige Informationsbroschüre gedruckt wurde. In ihrem Grußwort betont auch Dr. Ursula von der Leyen, gebürtige Niedersächsin, die es ganz besonders freute, dass die Schleppe von der Niedersachsenmeute gelegt wurde, die Überwindung der ehemaligen Grenzen. Die passionierte Reiterin hätte selbst gerne teilgenommen, wenn es ihr Zeitplan erlaubt hätte.
Ein weiteres Grußwort stammt vom Präsidenten der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), Breido Graf zu Rantzau, der das Pferd als Verbindung zwischen den Menschen hervorhebt. Die Vizepräsidentin des Landesverbands (LPBB), Martina Schünemann, schrieb nicht nur ein Grußwort, sondern nahm mit ihrem Pferd Diamond an der Jagd teil. Quasi ein Heimspiel für die Nordberlinerin, die schon als Jugendliche Tegeler Jagden mitgeritten ist.
Für die Niedersachsen-Meute war die Berliner Jagd eine Premiere. Die traditionsreiche Meute zählt über 600 Mitglieder, aktive Jagdreiter und Förderer. Die Foxhound-Hundemeute, deren Abstammung in direkter Folge bis zum Jahre 1381 nachgewiesen werden kann, umfasst rund 40 Hündinnen und Rüden, die auf dem Meutehof in Dorfmark (Landkreis Heidekreis in Niedersachsen) ausgebildet und trainiert werden.
Bei sonnigem Herbstwetter trafen sich knapp 20 Teilnehmer der Tegeler Jagd am Nachmittag zum Stelldichein auf der Streuobstwiese am Stall. Musikalische Unterstützung gab es durch die Brandenburgischen Parforcehorn Bläser unter der Leitung von Maren Hoff, kurze Begrüßungsansprachen hielten die Schlosseigentümerin Christine von Heinz und Andreas Frädrich. Dann ging es für Pferde, Reiter und Hunde auf die ca. 20 km lange Strecke durch den Tegeler Forst, über den ehemaligen Todesstreifen der Berliner Mauer bis in die Stolper Heide. Obwohl kein springendes Feld geführt wurde, war die Jagd von einem hohen Tempo geprägt, das gute Kondition verlangte. Ein kleiner Unfall zwischendurch ging glimpflich aus, alle Teilnehmer trafen nach zweieinhalb Stunden zufrieden zum Halali vor dem Schloss Tegel ein. Das Jagd-Bankett fand am Abend in der historischen Gaststätte „Alter Fritz“, nur wenige hundert Meter vom Schlossgelände entfernt, statt. Die älteste Gaststätte Berlins besteht seit 1410, war damals eine Pferdewechsel-Station und ein Lieblingsort vom Kronprinzen Friedrich von Preußen, daher der Name "Alter Fritz". Ein geeigneter Ort zum Abschluss eines gelungenen Jagdtages, der 2016 fortgesetzt wird.
Text+Foto: Marietta Grade
Große Tradition hatten auch die Herbstjagden im Reiterverein Berlin (RVB) am Schloss Tegel bis zur Wiedervereinigung. In der Gedenkbroschüre von 1978 heißt es: "1977 war das Feld schon so groß, dass der Fuchs schon zur Strecke gebracht war, ehe der letzte Reiter das Jagdgelände überhaupt erreicht hatte..." Alliierte Offiziere aus West-Berlin und Teilnehmer aus dem ehemaligen Westdeutschland, die lange Anreisewege hatten, nahmen regelmäßig Teil. Der Grenzstreifen war nur drei Kilometer entfernt, aber unüberwindlich, und stellte auch für die Pferdesportler eine unerfreuliche Begrenzung der Freiheit dar.
Seit 25 Jahren gibt es Mauer und Todesstreifen nicht mehr, aber kein Reiter kam auf die Idee, wieder eine Jagd zu veranstalten. Aber dann kam Andreas Frädrich....
Fast ein Jahr ist es nun bereits her, dass Andreas Frädrich Teile der ehemaligen Reitanlage Tegel am Schloss als Pächter übernommen und, nach längerer Pause, wieder zum Leben erweckt hat. Allerdings nicht als Pensions- und Schulbetrieb, sondern als Privatstall für die eigenen Pferde und für die Umsetzung vielfältiger Ideen rund um das Grundthema Pferd und historische Zusammenhänge. So wurde 2015 der ehemalige Springplatz wieder rekonstruiert und zu einem Sprunggarten umgestaltet. Die Idee, einen Sprunggarten mit Cafe zu betreiben, basiert auf den historischen Reiseberichten Alexander von Humboldts. Im Sommer wurde mit Kaltblütern ein Schaupflügen für die Gäste des Cafes veranstaltet. Ende August folgte die feierliche Einweihung einer traditionellen Pferdeschwemme neben der Reithalle. Und am 30.September, anlässlich des Mauerfalls vor 25 Jahren, veranstaltete der Reitstall am Schloss Tegel die erste Schleppjagd im Norden Berlins seit der Wiedervereinigung. Reitsportlich, historisch und kulturell ein besonderes Ereignis, zu dem eine 36seitige Informationsbroschüre gedruckt wurde. In ihrem Grußwort betont auch Dr. Ursula von der Leyen, gebürtige Niedersächsin, die es ganz besonders freute, dass die Schleppe von der Niedersachsenmeute gelegt wurde, die Überwindung der ehemaligen Grenzen. Die passionierte Reiterin hätte selbst gerne teilgenommen, wenn es ihr Zeitplan erlaubt hätte.
Ein weiteres Grußwort stammt vom Präsidenten der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN), Breido Graf zu Rantzau, der das Pferd als Verbindung zwischen den Menschen hervorhebt. Die Vizepräsidentin des Landesverbands (LPBB), Martina Schünemann, schrieb nicht nur ein Grußwort, sondern nahm mit ihrem Pferd Diamond an der Jagd teil. Quasi ein Heimspiel für die Nordberlinerin, die schon als Jugendliche Tegeler Jagden mitgeritten ist.
Für die Niedersachsen-Meute war die Berliner Jagd eine Premiere. Die traditionsreiche Meute zählt über 600 Mitglieder, aktive Jagdreiter und Förderer. Die Foxhound-Hundemeute, deren Abstammung in direkter Folge bis zum Jahre 1381 nachgewiesen werden kann, umfasst rund 40 Hündinnen und Rüden, die auf dem Meutehof in Dorfmark (Landkreis Heidekreis in Niedersachsen) ausgebildet und trainiert werden.
Bei sonnigem Herbstwetter trafen sich knapp 20 Teilnehmer der Tegeler Jagd am Nachmittag zum Stelldichein auf der Streuobstwiese am Stall. Musikalische Unterstützung gab es durch die Brandenburgischen Parforcehorn Bläser unter der Leitung von Maren Hoff, kurze Begrüßungsansprachen hielten die Schlosseigentümerin Christine von Heinz und Andreas Frädrich. Dann ging es für Pferde, Reiter und Hunde auf die ca. 20 km lange Strecke durch den Tegeler Forst, über den ehemaligen Todesstreifen der Berliner Mauer bis in die Stolper Heide. Obwohl kein springendes Feld geführt wurde, war die Jagd von einem hohen Tempo geprägt, das gute Kondition verlangte. Ein kleiner Unfall zwischendurch ging glimpflich aus, alle Teilnehmer trafen nach zweieinhalb Stunden zufrieden zum Halali vor dem Schloss Tegel ein. Das Jagd-Bankett fand am Abend in der historischen Gaststätte „Alter Fritz“, nur wenige hundert Meter vom Schlossgelände entfernt, statt. Die älteste Gaststätte Berlins besteht seit 1410, war damals eine Pferdewechsel-Station und ein Lieblingsort vom Kronprinzen Friedrich von Preußen, daher der Name "Alter Fritz". Ein geeigneter Ort zum Abschluss eines gelungenen Jagdtages, der 2016 fortgesetzt wird.
Text+Foto: Marietta Grade