22.07.2015 22:45
Die neue Nutzung des Reitstalls am Schloss Tegel
Damit rechnet man nicht gleich in einem Reitstall: Direkt am Eingang zum Paddock stehen zwei mächtige Olivenbäume, über 80 Jahre alt. Blickt man durch den Eingang auf den Sandplatz, fühlt man sich schon gleich wie in Spanien. Entlang der 20x40 Meter Reithalle, die letzten Winter ein nagelneues Dach bekommen hat und deren blitzeweiße frisch renovierte Fassade mit markanten Sprungstangen neu gestaltet wurde, zieht sich jetzt schnurgerade eine Sichtachse mit mächtigen Dattelpalmen Richtung Tegeler See.
Aber der Begriff Reitstall muss in diesem Zusammenhang erklärt werden. 1953 wurde mit dem Reiterverein Berlin (RVB) gegründet, mit den Stallungen im ehemaligen Gut Tegel, die es heute nicht mehr gibt. Davor befand sich hier die Gärtnerei des Schlosses Tegel. Insbesondere zur West-Berliner Ära fanden auf dem zur Adelheidallee gelegenen Reitgelände insbesondere in den 1980er Jahren namhafte Turniere statt, unter anderem mit dem Weltmeister und Olympiasieger Dr. Reiner Klimke, und auch viele Fuchsjagden zu Pferd.
Nach einem jahrelangen Dornröschenschlaf wurde 2014 ein kleiner Teil der ehemaligen Reitanlage wieder gründlich Instandgesetzt. So wurde der über 50jährige Jagdstall generalsaniert und wieder mit einigen Reitpferden belegt, und auch die Streuobstwiese mit Pferdeweide und über 40jährigen Apfelbäumen wurde wieder liebevoll hergestellt und neu angesät. Die Reithalle vis-á-vis vom Schloß Tegel war im letzten Jahrzehnt ziemlich marode geworden und bekam im Dezember 2014 ein komplett neues Dach. 2015 soll der ehemalige Springplatz wieder rekonstruiert und dazu Stück für Stück zu einem Sprunggarten umgestaltet werden. Man bezeichnet diesen auch als einen Couloir [kuˈlo̯aːɐ̯], es handelt sich um dabei um einen eingezäunten, ovalen Sprunggarten, in dem junge Pferde ohne Reiter im Springen trainiert werden. Anstelle der Sprunggärten gibt es heute das so genannte Freispringen als Talentsichtung für junge Pferde. In der Kavallerieschule Hannover besaß man seiner Zeit einen Sprunggarten mit verschiedenen Hindernisfolgen u.a. entsprechend der Anforderungen im Jagdreiten. Dieses Konzept und die gärtnerische Kombination dazu ergab die Bezeichnung Sprunggarten, ein inzwischen vergessener Begriff aus der Reiterei.
Auf die Idee, einen Sprunggarten mit Cafe zu betreiben, quasi eine Orangerie zu errichten, kam Andreas Frädrich, zugleich Autor des Kochbuchs „EssParcours“ mit prominenten deutschen Reitern sämtlicher Disziplinen im FN-Verlag, durch die historischen Reiseberichte Alexander von Humboldts. Alexander und sein zwei Jahre älterer Bruder Wilhelm von Humboldt, der Philosoph, Sprachforscher und Begründer der Berliner Universität, wuchsen auf dem zum Familienbesitz gehörenden Schloss Tegel auf. Dieses - ursprünglich 1558 als Renaissance-Herrenhaus erbaut - wurde auf Veranlassung von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg zu einem Jagdschloss umgebaut. Alexander von Humboldt war auf seiner fünfjährigen Reise nur wenige Tage auf Teneriffa, aber die Stippvisite war für ihn ein Schlüsselerlebnis, bei Andreas Frädrich ist es ähnlich.
"Humboldts erste Schritte gingen einst los am Schloss Tegel in die Neue Welt. Das ist das Gefühl was mich treibt, und diesen Augenblick, die ersten Schritte vor 216 Jahren wollen wir hier nachempfinden. Es ist wie vor einem langem Ausritt oder vor einem großem Turnier - man weiß nie was kommt, und der Aufbruch, das Losreiten ist ja der Kick und die größte Freude. Der Weg ist eben das Ziel. Zur Reiterei gehört ja viel Gefühl - und wir möchten all unseren Gäste an dem gutem Gefühl teilhaben lassen, das hier was losgeht, dass es sich lohnt, sich und was zu bewegen und was positives rauskommt. Deswegen glaube ich sind hier Veranstaltungen, Geburtstage oder Hochzeiten ganz gut aufgehoben, alle die mal was anderes haben wollen in ganz privater Atmosphäre" so die Erklärung von Frädrich, der in dieses Projekt viel Zeit, Geld und Leidenschaft investiert. Das "Café am Sprunggarten" ist ein reiner open-air-Betrieb, ein Besuch daher wetterabhängig. Von Donnerstag bis Montag 12 - 18 Uhr ist geöffnet. Bei der Auswahl der angebotenen Getränke, Kuchen und Eissorten wird viel Wert auf hohe Qualität gelegt, passend zum Ambiente.
Und was ist noch übrig vom ehemaligen Reitstall aus den alten Tagen des Reitverein Berlins (RVB)? "Unser Angebot ist diesbezüglich leider ziemlich rar. Wir haben keinen Reitschulbetrieb mehr wie früher, und können auch leider keinen Pensionsbetrieb mehr anbieten - so gerne wie ich es machen würde. Denn wir legen Wert auf Prinzipien wie der Kreislaufwirtschaft: um viele Pferde artgerecht zu halten, benötigt man entsprechende Fläche, über die wir nicht verfügen. Die Reithalle und auch das Café werden für individuelle Veranstaltungen zur Verfügung gestellt, später werden wir vielleicht auch Hippotherapie anbieten. Ansonsten sind wir ein reiner Privatstall, in dem unsere vier Pferde stehen" , so der neue Hausherr des Reitstalls am Schloss Tegel.
Text + Fotos: M.Grade, A.Frädrich
Aber der Begriff Reitstall muss in diesem Zusammenhang erklärt werden. 1953 wurde mit dem Reiterverein Berlin (RVB) gegründet, mit den Stallungen im ehemaligen Gut Tegel, die es heute nicht mehr gibt. Davor befand sich hier die Gärtnerei des Schlosses Tegel. Insbesondere zur West-Berliner Ära fanden auf dem zur Adelheidallee gelegenen Reitgelände insbesondere in den 1980er Jahren namhafte Turniere statt, unter anderem mit dem Weltmeister und Olympiasieger Dr. Reiner Klimke, und auch viele Fuchsjagden zu Pferd.
Nach einem jahrelangen Dornröschenschlaf wurde 2014 ein kleiner Teil der ehemaligen Reitanlage wieder gründlich Instandgesetzt. So wurde der über 50jährige Jagdstall generalsaniert und wieder mit einigen Reitpferden belegt, und auch die Streuobstwiese mit Pferdeweide und über 40jährigen Apfelbäumen wurde wieder liebevoll hergestellt und neu angesät. Die Reithalle vis-á-vis vom Schloß Tegel war im letzten Jahrzehnt ziemlich marode geworden und bekam im Dezember 2014 ein komplett neues Dach. 2015 soll der ehemalige Springplatz wieder rekonstruiert und dazu Stück für Stück zu einem Sprunggarten umgestaltet werden. Man bezeichnet diesen auch als einen Couloir [kuˈlo̯aːɐ̯], es handelt sich um dabei um einen eingezäunten, ovalen Sprunggarten, in dem junge Pferde ohne Reiter im Springen trainiert werden. Anstelle der Sprunggärten gibt es heute das so genannte Freispringen als Talentsichtung für junge Pferde. In der Kavallerieschule Hannover besaß man seiner Zeit einen Sprunggarten mit verschiedenen Hindernisfolgen u.a. entsprechend der Anforderungen im Jagdreiten. Dieses Konzept und die gärtnerische Kombination dazu ergab die Bezeichnung Sprunggarten, ein inzwischen vergessener Begriff aus der Reiterei.
Auf die Idee, einen Sprunggarten mit Cafe zu betreiben, quasi eine Orangerie zu errichten, kam Andreas Frädrich, zugleich Autor des Kochbuchs „EssParcours“ mit prominenten deutschen Reitern sämtlicher Disziplinen im FN-Verlag, durch die historischen Reiseberichte Alexander von Humboldts. Alexander und sein zwei Jahre älterer Bruder Wilhelm von Humboldt, der Philosoph, Sprachforscher und Begründer der Berliner Universität, wuchsen auf dem zum Familienbesitz gehörenden Schloss Tegel auf. Dieses - ursprünglich 1558 als Renaissance-Herrenhaus erbaut - wurde auf Veranlassung von Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg zu einem Jagdschloss umgebaut. Alexander von Humboldt war auf seiner fünfjährigen Reise nur wenige Tage auf Teneriffa, aber die Stippvisite war für ihn ein Schlüsselerlebnis, bei Andreas Frädrich ist es ähnlich.
"Humboldts erste Schritte gingen einst los am Schloss Tegel in die Neue Welt. Das ist das Gefühl was mich treibt, und diesen Augenblick, die ersten Schritte vor 216 Jahren wollen wir hier nachempfinden. Es ist wie vor einem langem Ausritt oder vor einem großem Turnier - man weiß nie was kommt, und der Aufbruch, das Losreiten ist ja der Kick und die größte Freude. Der Weg ist eben das Ziel. Zur Reiterei gehört ja viel Gefühl - und wir möchten all unseren Gäste an dem gutem Gefühl teilhaben lassen, das hier was losgeht, dass es sich lohnt, sich und was zu bewegen und was positives rauskommt. Deswegen glaube ich sind hier Veranstaltungen, Geburtstage oder Hochzeiten ganz gut aufgehoben, alle die mal was anderes haben wollen in ganz privater Atmosphäre" so die Erklärung von Frädrich, der in dieses Projekt viel Zeit, Geld und Leidenschaft investiert. Das "Café am Sprunggarten" ist ein reiner open-air-Betrieb, ein Besuch daher wetterabhängig. Von Donnerstag bis Montag 12 - 18 Uhr ist geöffnet. Bei der Auswahl der angebotenen Getränke, Kuchen und Eissorten wird viel Wert auf hohe Qualität gelegt, passend zum Ambiente.
Und was ist noch übrig vom ehemaligen Reitstall aus den alten Tagen des Reitverein Berlins (RVB)? "Unser Angebot ist diesbezüglich leider ziemlich rar. Wir haben keinen Reitschulbetrieb mehr wie früher, und können auch leider keinen Pensionsbetrieb mehr anbieten - so gerne wie ich es machen würde. Denn wir legen Wert auf Prinzipien wie der Kreislaufwirtschaft: um viele Pferde artgerecht zu halten, benötigt man entsprechende Fläche, über die wir nicht verfügen. Die Reithalle und auch das Café werden für individuelle Veranstaltungen zur Verfügung gestellt, später werden wir vielleicht auch Hippotherapie anbieten. Ansonsten sind wir ein reiner Privatstall, in dem unsere vier Pferde stehen" , so der neue Hausherr des Reitstalls am Schloss Tegel.
Text + Fotos: M.Grade, A.Frädrich