20.10.2010 22:40

Balance in der Ausbildung des Pferdes - Seminar mit Rolf Petruschke im LPBB

Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis Rolf Petruschke auf Einladung des LPBB wieder in Berlin zu Gast war. Diesmal mit dem Seminarthema "Entwicklung der Balance in der Ausbildung des Pferdes". Rolf Petruschke aus Hohenahr, geb. 1964, Pferdewirtschaftsmeister Reiten hat sich als langjähriger Leiter der Landesreit- und Fahrschule Dillenburg Hessen, in der Ausbildung von Reit- und Fahrpferden sowie seiner Schüler einen Namen gemacht. Auch ist er Turnierrichter (Springen bis Kl. S, Dressur bis Kl. M) und Ausbilder. Seit 2007 ist er als Berufsschullehrer für Pferdewirte und Bereiter an der Hochtaunusschule in Oberursel (Hessen) tätig.
Seine Lehrgangs- und Seminartermine sind bereits bis 2012 ausgebucht. Auch in Berlin war die Resonanz sehr gut, fast alle Plätze im Kaminsaal des Reiterhauses waren am 30.9. besetzt. Begonnen wurde mit der Theorie, Grundlagenarbeit. Mit seiner offenen und motivierenden Art gestaltete  Petruschke den theoretischen Teil von Anfang an sehr lebendig. Er fördert den Dialog zwischen ihm und den Teilnehmern durch Zwischenfragen. Trotz des enormen Wissens, das man vermittelt bekommt, gestaltet Petruschke seine Ausführungen unterhaltsam, teils mit einem Augenzwickern.
Durch die züchterisch wahnsinnige Entwicklung der heutigen Sportpferde, Stichwort Veredlung, werden den Reitern andere Aufgaben gestellt als noch vor Jahren. Bessere Rittigkeit, aber auch hohe Sensibilität, fordern eine präzise Ausbildungsarbeit. Schon beim Pferdekauf sollte man darauf achten, dass eine gesunde Aufzucht zugrunde liegt, d.h. fohlengerechte Haltung, täglicher Auslauf und Herdenverband. Fohlen, die sehr früh im Jahr zur Welt kommen und deshalb überwiegend im Stall gehalten werden, sind häufig anfälliger für Krankheiten. Frühe Gymnastik, z.B. über Stangen treten, fördert die Balance. 

„Balance“, als Fähigkeit sich im Gleichgewicht zu bewegen, ist zugleich Voraussetzung und Ziel systematischer Ausbildung. Junge Pferde sind solange ausbalanciert, bis sie mit ihrem Reiter belastet werden. Der Reiter – als Ausbilder seines Pferdes - muss also dafür Sorge tragen, dass das Pferd in seiner Ausbildung zum Reitpferd zunächst einmal lernt, sich mit dem Reitergewicht (neu) auszubalancieren und sich auch mit dem fremden Gewicht ökonomisch zu bewegen. Mit jeder neuen Anforderung, sei es im Gelände, im Dressurviereck oder am Sprung, muss die Balance neu erarbeitet und gesichert werden. Wenn das Pferd seine innere und äußere Balance gefunden hat, werden die Ausbildungsanforderungen erhöht. Von nun an gilt das Prinzip: Fordern - aber nicht überfordern. Durch die gute Basis kann man immer auf vertraute Übungen zurückgreifen. Das gibt dem Pferd die Sicherheit, die es braucht. Ein Pferd sollte nie als Knecht, sondern immer als Partner behandelt werden. Ein Blick in die Augen des Pferdes kann viel verraten. Und : ein Pferd sollte immer Pferd sein dürfen, d.h. Koppel- bzw. Wiesenauslauf,  sich wälzen dürfen. Petruschke ist es in seinen Ausführungen wichtig, dass das Wohl der Pferde einen hohen, wenn nicht sogar den höchsten Stellenwert hat.
Nach einstündiger Theorie, ging es dann für den zweiten Teil des Seminars in die Reithalle. Drei Reiter-Pferd-Paare stellten sich der Beurteilung des Ausbilders und der Teilnehmer. Solche lehr- und abwechslungsreichen Seminare sollten öfter im Veranstaltungskalender zu finden sein!
Text+Fotos: Marietta Grade