06.04.2015 00:07
2.Liebenberger Pferdeforum
Der Start war 2014 gelungen nun hieß es Fortsetzung folgt. Die Deutsche Kreditbank AG hatte wieder gemeinsam mit dem Oldenburger Pferdezuchtverband und den Persönlichen Mitgliedern der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) ins Löwenberger Land bei Berlin eingeladen und mehr als 200 Besucher konnte von Tilo Hacke, Vorstandsmitglied der DKB, in der Scheune des Schloss & Gut Liebenberg begrüßen.
Unter der Überschrift „Pferde und Medien“ drehten sich sämtliche Beiträge doch vor allem um ein Thema: Wie gewinnen wir mehr und vor allem neue Menschen für Pferdesport und Pferdezucht? Mehr Internet, mehr Social Media, mehr Veranstaltungen mit Eventcharakter und vor allem mehr Emotionen – das sind die Zutaten, um auch künftig Menschen fürs Pferd zu begeistern. "Aus der Tradition in die Moderne" lautet der erste Vortrag des Tages von Dr. Axel Brockmann, dem Landstallmeister des Niedersächsischen Landgestüts Celle. Es gibt einen spürbaren Strukturwandel und neue Kundenkreise, besonders im Ausland. Der Züchter von gestern war männlich, dachte und handelte in Generationen und tauschte sich vor Ort auf den Stationen persönlich über die Hengste aus. Die Züchterschaft von morgen ist jung, weiblich und geht auf Hengstschauen, in Hochglanzprospekten und im Internet auf die Suche nach potenziellen Vererbern. Das Vertrauen in die Ergebnisse von Hengstleistungsprüfungen sinkt, aber der Fortschritt hat auch Schattenseiten. Funktionale Merkmale werden in den Hintergrund gedrängt, z.B. die Gesundheit des Pferdes. Aber ohne die Nutzung der modernen Medien kann die Begeisterung für Pferde nicht an die breite Bevölkerung gebracht werden. Auch deshalb muss der Pferdesport in den Medien wieder präsenter werden. Als Vorteil nannte Brockmann die weltweite Aufmerksamkeit, die das Gestüt Celle durch Homepage und Facebook-Auftritt erhält. Dem Nachteil der teilweise äußerst unsachlichen Meinungsbekundungen in den Social Media will man durch die Einrichtung eines eigenen Diskussionsforums begegnen, zu dem sich die Teilnehmer namentlich anmelden müssen. Auch die Veranstaltungen sind im Wandel. Die klassische Hengstparade, die in Celle ihren Ursprung hatte, muss 2016 erstmals einem Tag der offenen Tür mit Eventcharakter weichen. Neben Konzerten, Weihnachtsmarkt und Gottesdienste soll er dafür sorgen, dass das Landgestüt nicht nur überregional, sondern auch vor Ort in den Köpfen der Celler Bürger präsent bleibt. Dazu dient auch das neue Kundenmagazin und ein "Goldenes Buch", das Emotionen wecken und Bindung schaffen soll. Medienstar Niederlande – Erfolg in Zucht und Sport? Offensichtlich präsent in den Medien sind auch die niederländischen Pferdesportler. „Orange ist the new gold“ schrieb gar der Weltreiterverband über die Weltreiterspiele in Caen. „Vor jedem Bericht steht allerdings eines: eine Entscheidung, eine Tat oder der Erfolg“, erklärte der niederländische Journalist Dirk Willem Rosie. Aus seiner Sicht basiert das Erfolgsrezept seiner Landsleute auch auf kulturellen Unterschieden. „Anders als die Deutschen sind wir Holländer schlecht erzogen und daher auffällig. Und damit kommen wir in die Medien“, erklärte er augenzwinkernd am Beispiel eines Bildes mit verkleideten und ausgelassen feiernden niederländischen Fans. Aber die Holländer nutzen auch sehr gut funktionierende Systeme, die großen Anteil am sportlichen Erfolg haben. Als Teilhaber Dr. Joep Bartels 1997 das Turniersport-Vermarktungsunternehmen „BCM“ verließ, hatte er rasch wieder einen neuen Job. Die niederländische Rabobank bat wenig später den Journalisten und studierten Psychologen, „etwas zu entwickeln für eine Sponsortätigkeit des Geldinstituts, zunächst vor allem auf ländlicher Ebene“ (Bartels). Ein Jahr lang machte Bartels nichts anderes, als herumzufahren und mit allen möglichen Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft Gespräche zu führen, auch mit den einzelnen Sportverbänden. Aus der Gesamtheit der gedanklichen Strömungen entstand die Idee zum „Talentschuppen“, nicht nur im Reiten, auch in anderen Sportarten. Dem "Scouting Management" sind u.a. viele Erfolge bei Europa- und Weltmeisterschaften zu verdanken. Das Holland-System, so rühmt Joep Bartels, sei bisher einmalig in der Welt. Der Aufstieg zur führenden Dressur-Nation der Welt ist Beleg genug. Dahinter steckt natürlich auch Geld. So überweist die „Rabobank“ dem NL-Verband jährlich eine Million Euro, eine weitere Million geht an Sponsorengelder an verschiedene Turniere, unterstützt werden außerdem zusätzlich kleine Veranstaltungen. Die richtige Geschichte bringt, Emotionen machen Quote. Das bestätigte auch die RTL-Redakteurin Clara Briefs. Mit ihren Beiträgen über das Dressurpferdezentrum Lodbergen, dessen Geschäftsführer Urs Schweizer und Gründerin Harli Seifert, die als Erfolgszüchterin auch heute noch bei jedem Fohlen glänzende Augen bekommt, oder auch über Dressurausbilderin Andrea Bethge konnte sie auch ihre weniger pferdeaffinen Redaktionskollegen überzeugen. „Der Standardsatz war: Ich interessiere mich ja eigentlich nicht für Pferde, aber das war ja mal spannend“, sagte Briefs. Ihrer Meinung nach kann alles, was die Welt noch nicht gesehen, gelesen oder gehört hat oder eine neue Sichtweise auf Dinge erlaubt, zur „Story“ werden, die richtigen Protagonisten vorausgesetzt, die authentisch und sympathisch seien müssen.
Ein Zurück in die gute alte Zeit, in denen Pferdesport regelmäßig im Fernsehen zu sehen war, wird es aber wohl nicht mehr geben. Das machte Hartmann von der Tann den rund 230 Teilnehmern in aller Deutlichkeit klar. „Was zählt, ist die Quote“, sagte der ehemalige ARD-Chefredakteur. „Der Sport rückt immer mehr in den Unterhaltungssektor. Um wirklich erfolgreich zu sein, muss ein Sport spektakuläre Bilder liefern, die Regeln müssen verständlich und für Zuschauer leicht nachvollziehbar sein und nicht zuletzt muss mindestens ein Deutscher dabei sein, der vom Aschenputtel zum Star wird.“ Verschwindet ein Star oder wird der Erfolg zur Gewohnheit, erlahmt das Interesse. Dazu fehlt dem Pferdesport die Lobby und die Vorurteile, z.B. Tierquälerei, verhindern eine bessere TV-Präsenz.
Dass es den deutschen Spitzenreitern unter solchen Umständen schwerfällt, in den Medien präsent zu bleiben, wird durch die Tatsache verschärft, dass heute viele Topturniere im Ausland und damit außerhalb des Blickfelds der deutschen Medien und Öffentlichkeit stattfinden. Statt weltweit fünf Fünf-Sterne-Turniere gibt es heute 70, erklärte Volker Wulff. Der bekannte Turnierveranstalter unterstrich darüber hinaus die Aussagen aller Referenten, dass angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen eine Veranstaltung heute mehr bieten muss als nur Sport. Beispiele wie die Hop Top-Show oder die Apassionata, die mit einer jährlich wechselnden Tour durch rund dreißig europäische Städte tourt und jährlich etwa 500.000 Zuschauer anlockt, beweisen, dass das Pferd nach wie vor eine Faszination auf die Menschen ausübt, wenn auch auf sich verändernde Weise. Diese Meinung vertrat auch Christian Kröber, der die Frage: "Muss sich der Reitsport neu erfinden?" stellte. Neu erfinden: nein, mit der Zeit gehen und Sportveranstaltungen zu (Familien-)Events machen.
Das Reitsport Teamwork von Sportlern und Sponsoren braucht und wie sowas in der Praxis erfolgreich umgesetzt werden kann, zeigten die Reiterinnen Isabell Werth und Beatrice Buchwald mit ihrer Sponsorin Madeleine Winter-Schulze, die so etwas wie die gute Seele der deutschen Reiterei ist. Wenn es sie nicht gäbe, dann sähe die Unterstützung von Reitern und deren Pferden in Deutschland ganz anders aus. Es ist fast unmöglich, die Erfolge von Madeleine Winter-Schulzes Pferden aufzuzählen. Allein 2011 hatte die geborene Berlinerin beim CHIO in Aachen insgesamt elf Pferde am Start. Etwa 50 Pferde besitzt diese große Dame der Reiterei, sie kennt alle – und weiß sie bei ihren Reitern, u.a. Ludger Beerbaum, in den besten Händen.
Fotoalbum des 2.Liebenberger Pferdeforums HIER.
Text: Marietta Grade, FN Fotos:Marietta Grade
Unter der Überschrift „Pferde und Medien“ drehten sich sämtliche Beiträge doch vor allem um ein Thema: Wie gewinnen wir mehr und vor allem neue Menschen für Pferdesport und Pferdezucht? Mehr Internet, mehr Social Media, mehr Veranstaltungen mit Eventcharakter und vor allem mehr Emotionen – das sind die Zutaten, um auch künftig Menschen fürs Pferd zu begeistern. "Aus der Tradition in die Moderne" lautet der erste Vortrag des Tages von Dr. Axel Brockmann, dem Landstallmeister des Niedersächsischen Landgestüts Celle. Es gibt einen spürbaren Strukturwandel und neue Kundenkreise, besonders im Ausland. Der Züchter von gestern war männlich, dachte und handelte in Generationen und tauschte sich vor Ort auf den Stationen persönlich über die Hengste aus. Die Züchterschaft von morgen ist jung, weiblich und geht auf Hengstschauen, in Hochglanzprospekten und im Internet auf die Suche nach potenziellen Vererbern. Das Vertrauen in die Ergebnisse von Hengstleistungsprüfungen sinkt, aber der Fortschritt hat auch Schattenseiten. Funktionale Merkmale werden in den Hintergrund gedrängt, z.B. die Gesundheit des Pferdes. Aber ohne die Nutzung der modernen Medien kann die Begeisterung für Pferde nicht an die breite Bevölkerung gebracht werden. Auch deshalb muss der Pferdesport in den Medien wieder präsenter werden. Als Vorteil nannte Brockmann die weltweite Aufmerksamkeit, die das Gestüt Celle durch Homepage und Facebook-Auftritt erhält. Dem Nachteil der teilweise äußerst unsachlichen Meinungsbekundungen in den Social Media will man durch die Einrichtung eines eigenen Diskussionsforums begegnen, zu dem sich die Teilnehmer namentlich anmelden müssen. Auch die Veranstaltungen sind im Wandel. Die klassische Hengstparade, die in Celle ihren Ursprung hatte, muss 2016 erstmals einem Tag der offenen Tür mit Eventcharakter weichen. Neben Konzerten, Weihnachtsmarkt und Gottesdienste soll er dafür sorgen, dass das Landgestüt nicht nur überregional, sondern auch vor Ort in den Köpfen der Celler Bürger präsent bleibt. Dazu dient auch das neue Kundenmagazin und ein "Goldenes Buch", das Emotionen wecken und Bindung schaffen soll. Medienstar Niederlande – Erfolg in Zucht und Sport? Offensichtlich präsent in den Medien sind auch die niederländischen Pferdesportler. „Orange ist the new gold“ schrieb gar der Weltreiterverband über die Weltreiterspiele in Caen. „Vor jedem Bericht steht allerdings eines: eine Entscheidung, eine Tat oder der Erfolg“, erklärte der niederländische Journalist Dirk Willem Rosie. Aus seiner Sicht basiert das Erfolgsrezept seiner Landsleute auch auf kulturellen Unterschieden. „Anders als die Deutschen sind wir Holländer schlecht erzogen und daher auffällig. Und damit kommen wir in die Medien“, erklärte er augenzwinkernd am Beispiel eines Bildes mit verkleideten und ausgelassen feiernden niederländischen Fans. Aber die Holländer nutzen auch sehr gut funktionierende Systeme, die großen Anteil am sportlichen Erfolg haben. Als Teilhaber Dr. Joep Bartels 1997 das Turniersport-Vermarktungsunternehmen „BCM“ verließ, hatte er rasch wieder einen neuen Job. Die niederländische Rabobank bat wenig später den Journalisten und studierten Psychologen, „etwas zu entwickeln für eine Sponsortätigkeit des Geldinstituts, zunächst vor allem auf ländlicher Ebene“ (Bartels). Ein Jahr lang machte Bartels nichts anderes, als herumzufahren und mit allen möglichen Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft Gespräche zu führen, auch mit den einzelnen Sportverbänden. Aus der Gesamtheit der gedanklichen Strömungen entstand die Idee zum „Talentschuppen“, nicht nur im Reiten, auch in anderen Sportarten. Dem "Scouting Management" sind u.a. viele Erfolge bei Europa- und Weltmeisterschaften zu verdanken. Das Holland-System, so rühmt Joep Bartels, sei bisher einmalig in der Welt. Der Aufstieg zur führenden Dressur-Nation der Welt ist Beleg genug. Dahinter steckt natürlich auch Geld. So überweist die „Rabobank“ dem NL-Verband jährlich eine Million Euro, eine weitere Million geht an Sponsorengelder an verschiedene Turniere, unterstützt werden außerdem zusätzlich kleine Veranstaltungen. Die richtige Geschichte bringt, Emotionen machen Quote. Das bestätigte auch die RTL-Redakteurin Clara Briefs. Mit ihren Beiträgen über das Dressurpferdezentrum Lodbergen, dessen Geschäftsführer Urs Schweizer und Gründerin Harli Seifert, die als Erfolgszüchterin auch heute noch bei jedem Fohlen glänzende Augen bekommt, oder auch über Dressurausbilderin Andrea Bethge konnte sie auch ihre weniger pferdeaffinen Redaktionskollegen überzeugen. „Der Standardsatz war: Ich interessiere mich ja eigentlich nicht für Pferde, aber das war ja mal spannend“, sagte Briefs. Ihrer Meinung nach kann alles, was die Welt noch nicht gesehen, gelesen oder gehört hat oder eine neue Sichtweise auf Dinge erlaubt, zur „Story“ werden, die richtigen Protagonisten vorausgesetzt, die authentisch und sympathisch seien müssen.
Ein Zurück in die gute alte Zeit, in denen Pferdesport regelmäßig im Fernsehen zu sehen war, wird es aber wohl nicht mehr geben. Das machte Hartmann von der Tann den rund 230 Teilnehmern in aller Deutlichkeit klar. „Was zählt, ist die Quote“, sagte der ehemalige ARD-Chefredakteur. „Der Sport rückt immer mehr in den Unterhaltungssektor. Um wirklich erfolgreich zu sein, muss ein Sport spektakuläre Bilder liefern, die Regeln müssen verständlich und für Zuschauer leicht nachvollziehbar sein und nicht zuletzt muss mindestens ein Deutscher dabei sein, der vom Aschenputtel zum Star wird.“ Verschwindet ein Star oder wird der Erfolg zur Gewohnheit, erlahmt das Interesse. Dazu fehlt dem Pferdesport die Lobby und die Vorurteile, z.B. Tierquälerei, verhindern eine bessere TV-Präsenz.
Dass es den deutschen Spitzenreitern unter solchen Umständen schwerfällt, in den Medien präsent zu bleiben, wird durch die Tatsache verschärft, dass heute viele Topturniere im Ausland und damit außerhalb des Blickfelds der deutschen Medien und Öffentlichkeit stattfinden. Statt weltweit fünf Fünf-Sterne-Turniere gibt es heute 70, erklärte Volker Wulff. Der bekannte Turnierveranstalter unterstrich darüber hinaus die Aussagen aller Referenten, dass angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen eine Veranstaltung heute mehr bieten muss als nur Sport. Beispiele wie die Hop Top-Show oder die Apassionata, die mit einer jährlich wechselnden Tour durch rund dreißig europäische Städte tourt und jährlich etwa 500.000 Zuschauer anlockt, beweisen, dass das Pferd nach wie vor eine Faszination auf die Menschen ausübt, wenn auch auf sich verändernde Weise. Diese Meinung vertrat auch Christian Kröber, der die Frage: "Muss sich der Reitsport neu erfinden?" stellte. Neu erfinden: nein, mit der Zeit gehen und Sportveranstaltungen zu (Familien-)Events machen.
Das Reitsport Teamwork von Sportlern und Sponsoren braucht und wie sowas in der Praxis erfolgreich umgesetzt werden kann, zeigten die Reiterinnen Isabell Werth und Beatrice Buchwald mit ihrer Sponsorin Madeleine Winter-Schulze, die so etwas wie die gute Seele der deutschen Reiterei ist. Wenn es sie nicht gäbe, dann sähe die Unterstützung von Reitern und deren Pferden in Deutschland ganz anders aus. Es ist fast unmöglich, die Erfolge von Madeleine Winter-Schulzes Pferden aufzuzählen. Allein 2011 hatte die geborene Berlinerin beim CHIO in Aachen insgesamt elf Pferde am Start. Etwa 50 Pferde besitzt diese große Dame der Reiterei, sie kennt alle – und weiß sie bei ihren Reitern, u.a. Ludger Beerbaum, in den besten Händen.
Fotoalbum des 2.Liebenberger Pferdeforums HIER.
Text: Marietta Grade, FN Fotos:Marietta Grade