9. Parlamentarischer Abend der FN in Berlin - Pferdesport und -zucht treffen Politik und Wirtschaft
Unter der Überschrift der „Grüne Stall“ hat die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) in diesem Jahr zu ihrem neunten Parlamentarischen Abend in Berlin eingeladen. Die Resonanz war groß: Über 130 Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, Pferdesport und Pferdezucht trafen sich nach fast dreijähriger Zwangspause in der Zentrale der Deutschen Kreditbank AG in Berlin zu einem Gedankenaustausch.
In seiner Begrüßungsrede dankte FN-Präsident Hans-Joachim Erbel dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung für seine fachkundige Unterstützung zu Beginn der Pandemie 2020. Damals konnte binnen kürzester Zeit klargestellt werden, dass die Versorgung von Pferden nicht einfach Sport ist, sondern eine tierschutzrechtliche Notwendigkeit. Erbel wies jedoch auch daraufhin, dass die Pferdeszene inzwischen andere Sorgen umtreiben. „Der völkerrechtswidrige Überfall Russlands auf die Ukraine hat enorme Auswirkungen auf uns alle. Die Kostensteigerungen infolge der Inflation hemmen den Sport, der sich nach zwei Jahren Corona im letzten Jahr doch wieder hätte erholen können“, sagte er. Nun sei auch noch die neue Gebührenordnung für Tierärzte hinzugekommen, deren Auswirkungen mit jedem Tag offensichtlicher würden. Es sei zwar richtig, dass es ein enormes Nachwuchsproblem in der deutschen Tierärzteschaft gäbe, und eine Anpassung der Gebührensätze in der GOT daher auch verständlich sei. „Doch der Umfang der Erhöhungen ist immens und tut in der aktuellen Krise doppelt und dreifach weh. Und die Leidtragenden sind am Ende vor allem die Pferde“, sagte Erbel. „Die neue GOT ist damit ein Angriff auf den Tierschutz und hat ihr eigentliches Ziel verfehlt.“
Den Klimawandel, gerade besonders spürbar an der zunehmenden Trockenheit in Deutschland, machte der Hausherr der Veranstaltung, Stefan Unterlandstättner, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kreditbank AG, zu seinem Thema. Gemäß dem Slogan seiner Bank „Alle reden von Nachhaltigkeit. Wir finanzieren sie“ bot er Unterstützung bei den notwendigen Transformationsprozessen in der Landwirtschaft an.
Wie sich Klima- und Naturschutz in die Praxis umsetzen lassen, verriet Dr. Astrid von Velsen-Zerweck am Beispiel des baden-württembergischen Haupt- und Landgestüts Marbach. Bis Sommer 2024 sollen dort 30 bis 40 Prozent der rund 860 Hektar landwirtschaftlich genutzten Flächen ökologisch zertifiziert bewirtschaftet werden. Die Landoberstallmeisterin war Teilnehmerin an einem von TV-Journalistin Fanny Fee Werther geführten Diskussions-Panel zum Thema „Grüner Stall“. Mit dabei auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Färber, Vorsitzender Ausschuss des Bundestags für Ernährung und Landwirtschaft, und FN-Präsident Hans-Joachim Erbel. Sie äußerten ihre Sorge um den Erhalt von ausreichend Flächen für Landwirtschaft und Pferdehaltung, zumal extensiv genutzte Weideflächen auch Schonung und Zurückhaltung beim Einsatz von Düngemitteln und Schädlingsbekämpfung bedeuten. „Parkplätze können auch unter den Supermarkt und Photovoltaik-Anlagen auf Dächer gebaut werden“, sagte Färber und forderte, die aktuelle Bodenversiegelung auf die Hälfte zu reduzieren.
Eine Brücke zwischen Kindern, Pferden und Natur im Diskussions-Panel baute Schauspielerin Antonia Gerke, die im Naturpark Barnim auf Gut Hobrechtsfelde einen Ponyhof betreibt. Dort können Kinder nicht nur reiten lernen, sondern am Beispiel wildlebender Koniks und Shetlandponys auch deren Bedürfnisse und Verhalten zu verstehen. Gerke schilderte aus ihrer Praxis die enorm positive Auswirkung des Umgangs mit dem Pferd auf Kinder. Von der Politik wünschte sie sich mehr Förderung der Vereine, vor allem aber eine unkomplizierte und flexible Förderung. „Wir müssen bedenken, was die Kinder während der Pandemie durchgemacht haben“, sagt sie mit Blick auf die Defizite in deren emotionaler, sozialer und geistiger Entwicklung. „Allein schaffen sie das nicht.“
Für den sportpolitischen Impuls bei diesem Parlamentarischen Abend sorgten die SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Poschmann, Sprecherin der Arbeitsgruppe Sport, sowie Dr. Steffen Rülke, Abteilungsleiter Sport im Bundesministerium des Innern und für Heimat. Beide lobten die FN als erfolgreichen Sportverband. Er freue sich, einen so professionell geführten Verband bei der anstehenden Reform der Spitzensportförderung an der Seite zu haben, sagte Rülke und versprach dem Deutschen Olympiade-Komitee für Reiterei (DOKR) auch künftig die Unterstützung durch das BMI. Als vordringliche Aufgaben des Sports nannte er die Fertigstellung des Sportfördergesetzes, die Einrichtung einer Sportagentur als unabhängige Institution der Mittelvergabe, aber auch, die Menschen in Bewegung zu bringen. Last but not least nannte er das Thema sexualisierte Gewalt und berichtete über die Einrichtung eines Zentrums Safe Sport für sicheren und gewaltfreien Sport.
Bevor Bernhard Feßler, Leiter des FN-Hauptstadtbüros, zum gemütlichen Teil des Abends mit Einzelgesprächen überleitete, setzte die Bundestagsabgeordnete Judith Skudelny, Sprecherin der FDP-Fraktion für Umwelt und Verbraucherschutz, ein Schlusswort. Sie sprach vielen der Anwesenden aus der Seele, als sie ein aktives Wolfsmanagement forderte. „Der Druck muss von unten wachsen, damit wir in Berlin tätig werden können“, sagte sie. Skudelny griff außerdem das Thema Flächenbedarf auf und stellte das mit vier Milliarden Euro ausgestattete Projekt „Natürlicher Klimaschutz“ des Bundesumweltministeriums vor. Wälder und Auen, Böden und Moore, Meere und Gewässer, aber auch Grünflächen in der Stadt und auf dem Land können, wenn sie ökologisch intakt sind, Kohlendioxid aus der Atmosphäre binden. Von dieser Förderung können auch Vereine und Betriebe profitieren, wenn es gelingt, „Ökologie und Reiterei zusammenzubringen“, so Skudelny.
Text+Foto: fn-press/Hb