12.02.2023 13:07

Ausbeutung von Arbeitskräften im Reitsport

An ein Thema, was in der Reiterszene durchaus bekannt, aber ein "TABU" ist, hat sich Autorin Dr. Dagmar Ciolek mit einem Text gewagt,bei dem man jedem Wort zustimmen kann:
Wer eine Lehre zum Pferdewirt beginnt, weiss meist oder hoffentlich sehr genau, was ihn dort erwartet. 40 Stundenwochen mit nur 5 Arbeitstagen sind die absolute Ausnahme bzw. unrealistisch. Man ist auch vor allem mit dem „Drumherum“ beschäftigt, viel mehr als mit dem Reiten und Ausbilden von Pferd und Reiter oder gar von sich selbst. Die Pferde- und Anlagenpflege ist aufwändig 24/7/365, Kundschaft will „bedient“ werden, Reitunterricht muss erteilt werden, Korrekturpferde - teils lebensgefährliche - müssen/sollen korrigiert werden.
Wenn man als Lehrling Glück hat, gibt es auch noch „Stallhelfer“. Noch schlechter bezahlte Arbeitskräfte, selten der Deutschen Sprache mächtig mit fragwürdiger „Sachkenntnis“ bringen die Pferde raus und rein, misten, füttern, streuen ein. Oft für wenig mehr als einen Hungerlohn.
Denn die Pensionspreise dürfen nicht zu hoch sein. Sonst steht der Stall bald leer.
Und die Anlagenbetreiber, die fast alles selbst machen. Die sind meist am ärmsten dran, im wahrsten Sinne des Wortes. Selten frei, immer verfügbar und selten ist die Kundschaft zufrieden.
Die Kosten, eine Anlage zu betreiben sind hoch, nicht nur die Boxen, auch die Koppeln müssen gepflegt werden, die gesamte Anlage, die Böden, es muss Futter von guter Qualität zur Verfügung stehen. Zäune müssen instand gehalten werden. Gefüttert werden soll auf Wunsch der Kunden möglichst individuell.
Dazu noch Deckenservice und natürlich immer ein Auge auf alle Pferde haben. Geht es ihnen gut? Steht überall Wasser zur Verfügung? Wieviele Pferde haben grad wieder in die Selbsttränke oder den Futtertrog geäppelt? Wann ist die nächste Impfung/Wurmkur o.ä. für den gesamten Bestand wieder dran? Wann kommen Zahnarzt und Schmied? Wann wird Futter angeliefert? Meist Mittags bei 35 Grad im Schatten. Und was macht die Herdenintegration der Neuankömmlinge? Ist es möglich, eine Quarantänezeit einzuhalten? Oder hat man nach wenigen Tagen Druse im Stall?
Und dazu die Unsicherheit: zahlen die Kunden? Bleiben alle Mitarbeiter und man selbst gesund und belastbar? Vertragen sich alle? Halten sich alle an die Stall/Hallenordnung? Muss man Streit schlichten? Fällt plötzlich jemand durch pferdeverachtendes Handeln auf?
Es ist ein hartes Brot, ein sehr hartes Brot!
Seid ihr Arbeitgeber, dann überlegt, was wirklich zumutbar ist! Einen Praktikanten an 6 Tagen die Woche für 10 Stunden täglich einzuplanen, in denen er 2 mal täglich allein 35 Pferdeboxen misten und einstreuen und 2 mal täglich alle Pferde füttern soll, DAS ist Ausbeutung, nach wie vor, hab ich grad erst gelesen.
Es gibt natürlich auch die positiven Beispiele, wo das Arbeitsrecht angewendet wird, die Stimmung toll ist, alle auch viel lernen und es vor allem den Pferden dabei gut geht. Über möglichst viele solcher Beispiele würde ich mich freuen.
Liebe Einstaller, Reitbeteiligungen und Reitschüler:
Seid bitte freundlich und höflich im Umgang mit den Miteinstallern und allen anderen und mit dem Personal, mit dem Stallteam und habt auch mal etwas Geduld. Respektiert die Pausen und den Feierabend und helft auch mal mit. Auch, wenn Ihr „gutes Geld bezahlt“. Den Hufschlag zu schaufeln fördert die eigene Losgelassenheit beim Reiten!  Bringt mal einen Kuchen mit fürs Personal oder eine Tüte Brezen und nehmt einen Besen in die Hand und räumt die Sattelkammer auf oder putzt einfach mal das Gemeinschafts-WC. Fragt nach, wie es den anderen wirklich geht, nehmt Anteil. Das fördert die positive Stimmung und den Zusammenhalt und ist damit immer auch