25 Jahre Reitstall Lyck-Piehl, ein Familienbetrieb feiert Jubiläum
2021 fand die erste größere Feier in Waldesruh statt, denn Wolfgang Piehl wurde 70 Jahre alt.
Und nun, 2022, gibt es ein Jubiläum zu feiern, denn am 15.6.1997 wurde der Familienbetrieb Lyck-Piehl in Mahlsdorf gegründet.
Gabriela Lyck-Piehl ist in Berlin-Mahlsdorf aufgewachsen und ging auch dort zur Schule. Die Liebe zu den Tieren, insbesondere den Pferden, kam von Vater Wolfgang, der ihr dann auch im Alter von elf Jahren ein eigenes Pferd schenkte. Die Eltern hatten fünf Pferde im Stall beim Haus, aber da die Mutter eher Angst vor Pferden hat, kann man sagen, dass Gabriela die Liebe zu den Tieren väterlicherseits quasi in die Wiege gelegt wurde. Ein Teil der Familie hatte eine zeitlang in Ostpreußen gelebt und dort Landwirtschaft betrieben.
Bevor sie sich hauptberuflich dem Pferdesport widmen konnte, hatte sie eine Ausbildung zur Chemielaborantin abgeschlossen und war als Veterinärassistentin in der Tierklinik Hoppegarten tätig. 1959 wurde die Rennbahnklinik in Hoppegarten an die Chirurgische Tierklinik angegliedert und nach modernen Gesichtspunkten für die stationäre Behandlung von Galopp-und Traberrennpferden ausgebaut. Die Chirurgische Tierklinik übernahm auch die Betreuung von Trabergestüten im Umkreis von Berlin und der Chef der Hoppegartener Klinik betreute die Pferdeequipen der DDR bei nationalen und internationalen Turnieren. An der Chirurgischen Tierklinik der Humboldt-Universität wurden auch Pferdepatienten aus Westberlin und aus der Bundesrepublik stationär behandelt. Als die Klinik in Hoppegarten aufgelöst wurde, wagte sie nach der Wende mit Hilfe ihrer ganzen Familie, Mutter, Vater und Bruder, den Spung in die Selbstständigkeit und pachtete vom Bundesvermögensamt eine 15 ha große Fläche, die zu DDR-Zeiten vom Nachrichtendienst genutzt wurde. Durch den DDR-Status als "Hochsicherheitstrakt" war das große Gelände nur wenig bebaut.
1990 wurde ihr Sohn Philipp geboren, 1992 folgte der Kauf des gesamten Grundstücks. Wobei ein Teil zu früheren Zeiten schon mal den Großeltern Lyck gehört hatte. Ein weiteres Grundstück in der Grunowstraße mit Bungalow-Haus gehört bis heute der Mutter von Gabriela.
Was aus dem ehemaligen Gelände der Nationalen Volksarmee, dem heutigen Reit-und Turnierstall Lyck-Piehl entstanden ist, kann sich durchaus sehen lassen. Durchdacht genutzt mit viel Natur, es kann sogar ein eigenes Waldstück von den Reitern genutzt werden.
Und manchmal schreibt das Leben die schönsten Geschichten. Wolfgang Piehl war in der DDR ein erfolgreicher Military- heute heißt es Vielseitigkeitsreiter. Das erste internationale Turnier in der DDR fand vom 5.-8. Mai 1956 in Dresden-Reick statt (das war rund sieben Jahre nach der Gründung der DDR). Bis 1967, also zwölf Jahre lang, beschränkten sich die internationalen Aktivitäten der DDR auf Turniere im eigenen Lande sowie in den befreundeten sozialistischen Ländern. Von 1968 bis 1972, also fünf Jahre lang, durften die DDR-Reiter in den Westen. Reitsport in der war ein schwieriges Thema. Der Reitsport gehörte in der ehemaligen DDR nicht zu den staatlich gesteuerten Sportarten und wurde deshalb auch nicht gefördert. Im Jahr 1988 gab es 227 Pferdesportsektionen (Vereine). Die „Pferdeverrückten“ übten ihr Hobby meistens in den Betrieben der damaligen Landwirtschaftlichen-Produktions-Genossenschaften (LPG´s) aus. Diese hielten und züchteten oftmals Pferde, die als „Erichs (Honecker) Devisenbringer“ in den goldenen Westen exportiert wurden, und dort sehr gefragt waren. Das Edle Warmblut als dominierende Pferderasse hatte hervorragende Eigenschaften wie Springvermögen, Dressurveranlagung, gepaart mit Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Härte und nervliche Stabilität.
Wolfgang Piehl, der bereits mit fünf Jahren auf dem Pferderücken voltigierte, war von 1968 - 1972 im Olympiakader der DDR. Durch einen schweren Unfall wurde seine reiterliche Karriere aber jäh beendet. Er fand eine neue berufliche Aufgabe und wurde KFZ-Meister. Durch seine Tochter, die eine Ausbildung zur Berufsreiterin absolvierte, fand er 1997 wieder zum Reitsport. Erst fuhr er mit seinem Pferd zum Training zu Familie Lyck, 1998 bezog sein Pferd eine Box in Mahlsdorf. Im Jahr 2000, bei einem Ausritt, nahm er allen Mut zusammen und stellte der alleinerziehenden Mutter und Stallchefin Gabi die entscheidende Frage. Ja, sie wollte ihn heiraten und seitdem führen sie den Stall erfolgreich gemeinsam. Und auch die Rückkehr in den Turniersport gelang, aber in der Disziplin Springen. Allein mit dem Wallach Quick Boy konnten über 400 Platzierungen erritten werden Wolfgang Piehl war mit ihm auf S****-Turnieren in ganz Europa erfolgreich. Aktuell ist er mit seinen Pferde Esprit und Dashing HBC im Parcours unterwegs und sammelt Schleifen.
Bei Sohn Philipp, der wie viele Reiter, im Kindesalter mit Ponys und Führzügelprüfungen begonnen hat, war es eine Zeit lang nicht klar, ob nur Reiten sein Sport ist. Nach einer längeren Pferdepause, in der Fußball sein Leben bestimmte, stieg er mit 13 Jahren wieder in den Sattel. Der Erfolg kam recht schnell, in Dressur und Springen wurde er Kreismeister und räumte auf Turnieren so manche Schleife ab. Berufsreiter war aber nicht sein Ziel, nach dem Schulabschluss folgte eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner. Vielleicht war es Voraussicht, denn als Angestellter im Reitstall ist er u.a. auch für die Pflege des 15 ha großen Areals, mit vielen Bäumen, zuständig. Der Träger des Silbernen Reitabzeichens ist seit Jahren nur noch im Springsattel unterwegs. Aber sehr erfolgreich, allein mit der Stute Landmaid, die er bis zur Klasse S ausbildete, gewann er ca.100 Springen. Landmaid kam auch aus eigener Zucht, aus einer eher ungewöhnlichen Anpaarung: Mutter Traberstute, Vater Loy vom Holsteiner Hengst Landgraf. Auch andere Zuchtprodukte, die nicht zum Verkauf stehen, sondern zur eigenen Nutzung gezüchtet sind, sammeln auf Turnieren regelmäßig Schleifen.
Den Unterricht in der Reitschule, die 10 Schulpferde zur Verfügung hat, übernehmen Gabriela und Philipp. Die Ausbildung von Reitern, besonders die Förderung von Jugendreitern, sind Schwerpunkte der Arbeit. Die bis zur Klasse S erfolgreiche Dressurreiterin übernimmt dabei auch das Dressurtraining von Einstellern, Sohn Philipp kümmert sich um die Ausbildung und den Beritt von Pferden. Daneben trainierter eine Jugendgruppe von Nachwuchsreiter*Innen im Springen, die schon mehrmals Siege und Platzierungen 2022 erreiten konnten. Wencke Bogisch (PSZ Waldesruh) wurde mit Filipo S Vize-Landesmeisterin der Children in Neustadt/Dosse. Dieses Paar fährt nun auch nach Hagen zu den Deutschen Jugendmeisterschaften, natürlich mit Trainer Philipp.
Im Reitstall Lyck-Piehl werden auch regelmäßig Praktika angeboten, auch Menschen mit Handicap sind willkommen. Der Stall ist gut mit dem Auto und auch den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Pferdebesitzer erwartet ein tolles Ausreitgelände, ein weitreichendes Reitwegenetz in den Berliner und Brandenburger Forsten. Boxen mit täglichem Koppelgang, Offenstallhaltung, Dressur- und Springplatz, zwei Longierplätze und eine Reithalle runden das vielfältige Angebot ab.
Die 30 Mitglieder des Vereins Reitsportzentrum Waldesruh e.V., 2010 gegründet, sorgen auch dafür, dass neben dem Sport die Geselligkeit nicht zu kurz kommt, eine starke, zuverlässige Gemeinschaft.
Text+Foto: Marietta Grade